Digitalisierung
16.12.2021
Nach dem Prinzip der Funktionalität
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Digitale Prozesse in der Therapie
Abrechnungsprogramme und Terminverwaltungsprogramme sind keine Exoten mehr in einer Praxisausstattung. Doch darüber hinaus gibt es noch viele Arbeitsschritte im Therapieprozess, die digital ablaufen können. Ein Praxisbeispiel.
Die Unternehmensgruppe mobilo hat drei Standorte. In Gütersloh und Werther bieten die Therapiezentren neben der Therapie einen großen Trainingsbereich an. „Alle unsere Einrichtungen sind aufgebaut nach dem Prinzip Therapie + Training“, so Geschäftsführer Dr. Sebastian Mäueler. Vor knapp drei Jahren fingen die drei Geschäftsführer – Dr. Sebastian Mäueler, Benjamin Mäueler und Benjamin Hanna – an, ihre Einrichtungen zu digitalisieren.
Funktionalität und Komplexität
In den Therapiezentren von mobilo arbeiten nicht nur Physiotherapeuten und Sportwissenschaftler, sondern auch Ergotherapeuten, Ernährungsberater und Diätassistenten. Dabei ist es wichtig, die Mitarbeiter im Blick zu behalten. Dr. Mäueler: „Ich kann mein Team nicht mit sieben oder acht verschiedenen Systemen überfordern. Dann habe ich irgendwann kein Team mehr. Insofern haben wir es geschafft, uns auf drei Softwares zu reduzieren.“
Neben einer Verwaltungssoftware und webbasierten Therapie- und Trainingsprogrammen kam vor drei Monaten mit der MyWellness-App von Technogym eine Software hinzu, die der interdisziplinären Arbeit zugutekommt. Der Grund: „Wir versuchen so viel Funktionalität in so wenig Software wie möglich unterzubringen“, sagt Dr. Mäueler.
Das Onboarding in der Therapie
Der erste digitale Prozessschritt erwartet den Patienten schon vor der eigentlichen Terminvereinbarung: Über die App kann mit der Terminanfrage die ärztliche Verordnung hochgeladen werden. Die digitalen Terminwünsche werden an der Rezeption entgegengenommen, die Verordnung im System angelegt. Dann erst werden die Patienten zur Terminabstimmung und zur vertraglichen Vereinbarung vonseiten der Therapieeinrichtung aktiv kontaktiert.
Die Vorteile liegen für den Sportwissenschaftler auf der Hand: „Erstens muss der Patient nicht in die Praxis kommen. Er muss nicht einmal mehr zum Telefonhörer greifen, sondern wir übernehmen diesen Service. Zweitens ist es für unsere Empfangskräfte entlastend, weil sie diese Arbeit tun können, wenn sie Zeit dafür haben und nicht wenn gleichzeitig drei bis vier Patienten schon ungeduldig am Empfang stehen und warten.“
Die therapeutische Befundung per App
„Darüber hinaus nutzen wir die App im Rahmen der therapeutischen Befundung“, so Dr. Mäueler, „und das muss nachgehalten werden können, damit später sinnvolle Therapeutenwechsel innerhalb einer Disziplin, aber auch interdisziplinär möglich sind.“ So hat jeder Mitarbeiter jederzeit Einblick in die erhobene Befundung auf der App.
In der App sind verschiedene Anamnese- und Befundungstypen hinterlegt. Die Abfrage erfolgt über vorgefertigte Fragebogen, die die jeweiligen Fachleitungen standardisieren. Der Therapeut geht mit dem Patienten Punkt für Punkt durch und führt mit ihm die notwendigen funktionellen Tests durch. Die Ergebnisse werden in den dafür vorgesehenen Feldern eingetragen und gespeichert. Fazit: Somit liege jedem Anschlusstherapeuten die gleiche Information vor, ein sehr wichtiger Aspekt im Arbeitsprozess.
Erleichterung im Aufgabenmanagement
Gleichzeitig ermögliche die App aber auch ein Aufgabenmanagement, wie Dr. Mäueler beschreibt. Automatisierte wie individuelle Aufgaben werden einem Mitarbeiter über die App zugewiesen – und kontrolliert. Jeder Therapeut kann seine Aufträge in der App nachlesen, um zu wissen, wo er steht und was er zu tun hat. In der App wird das wie eine Checkliste gehandhabt. Nachdem eine Aufgabe erfüllt ist, wird sie abgehakt.
Bei demjenigen, der den Patienten übernimmt, ploppt die weitere Behandlung als neue Aufgabe auf. So kann ein Trainingstherapeut einen Patienten vom Physiotherapeuten oder Ergotherapeuten übernehmen und die „Behandlung“ in Form einer Probebehandlung, eines Probetrainings oder eines Beratungsgesprächs fortsetzen.
„Darüber hinaus ist die App ein Mittel zum Controlling“, erklärt er, „wir stellen dadurch sicher, dass kein Patient vergessen wird. Die Aufgaben werden automatisch generiert. In unserer Einrichtung bekommt beispielsweise jeder Patient systematisch und standardisiert immer mindestens einmal das Trainingsangebot. Das ist ein weiterer Vorteil.“ Das Ergebnis wird ebenfalls dokumentiert. Deshalb weiß das Controlling gleichzeitig, weshalb jemand von der Therapie nicht ins Training wechseln möchte.
„Wir lernen immer besser und immer mehr, warum Menschen bei uns sind und warum sie nicht bei uns bleiben.“ Die digitalisierte Vorgehensweise hilft also auch im Transfer vom Therapie- in den Selbstzahlerbereich.
Transfer in den Selbstzahlerbereich
Nach Ansicht der drei mobiloGeschäftsführer profitiere ein Großteil der Patienten von regelmäßiger Bewegung oder systematischem Training. Dr. Mäueler: „Es ist uns daran gelegen, dass wir den Überführungsprozess intelligent gestalten. Um diesen Prozess zu verwalten, nutzen wir auch MyWellness.“ Ihre Therapeuten bereiten die Patienten auf eine mittel- und langfristige körperliche Aktivität vor, um das Krankheitsbild nachhaltig zu verbessern und Risikofaktoren zu reduzieren. „Und zwar initial über verordnete ärztliche Leistung, perspektivisch aber in der Eigenverantwortung“, wie er es formuliert.
Die einzelnen Aufgabenbereiche divergieren allerdings. Der Geschäftsführer: „Die Aufgabe für einen Therapeuten sieht anders aus als für einen Trainingsmitarbeiter. Denn der Physiotherapeut ist nicht der Verkäufertyp. Die Sportwissenschaftler, aber auch die Fitnesstrainer sind zum Beispiel viel eher an das Verkaufen gewöhnt, sodass sie die Rolle ausüben, die ihnen aufgrund ihrer Ausbildung auch mehr liegt.“
Aufwand und Nutzen
Mittlerweile nutzen ca. 20 Prozent der Patienten bzw. Kunden von mobilo diese App, obwohl die Therapiezentren gerade einmal vor drei Monaten damit starteten. Es erfordert schon einen gewissen Aufwand, gibt Dr. Mäueler zu. Es müssten vorab die Prozesse identifiziert werden, die funktional in der App abgebildet werden sollen. Dann muss das Team mitgenommen werden und dann die Patienten wie Kunden motiviert werden, die App herunterzuladen und zu nutzen.
Aber es lohne sich, bekräftigt der Geschäftsführer. Die Anzahl der Nutzer steige kontinuierlich an. Es lohnt sich auch in Zeiten des Fachkräftemangels. Denn mobilo punktet mit seiner Digitalisierung der Arbeitsprozesse in der jüngeren Generation als Arbeitgeber.
Reinhild Karasek
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