Therapie

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29.04.2021

Welchen Umsatzrückgang kann ich mir in meiner Praxis leisten?

Welchen Umsatzrückgang kann ich mir in meiner Praxis leisten?

Sensitivitätsanalyse in der Physiotherapie-Praxis

Jene Physiotherapie-Praxen können sich glücklich schätzen, an denen die Corona-Krise bisher wirtschaftlich spurlos vorbeigegangen ist. Und tatsächlich gibt es sogar Praxen, die das Jahr 2020 als das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr abgeschlossen haben.

Viele Praxen stehen auch jetzt wieder „unter Volldampf“. Neue Herausforderungen, wie beispielsweise die neuen zusätzlichen Hygienemaßnahmen oder das notwendige Testangebot des Arbeitgebers für die Arbeitnehmer, ändern zunächst nichts daran. Und dennoch gibt es die andere Seite, bei der Praxen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken mussten – und all dies in Zeiten des absoluten Fachkräftemangels. Das erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich. Auf den zweiten Blick verdeutlicht es aber auch, mit welchen Auswirkungen zu rechnen ist, wenn sich wirtschaftliche Kennzahlen in der Praxis plötzlich ändern.

Eine Sensitivitätsanalyse kann hier helfen, dies frühzeitig zu erkennen und Unternehmer somit in die Lage versetzen, rechtzeitig die richtigen Maßnahmen für ihre Gesundheitseinrichtung zu ergreifen.

Wirtschaftlicher Überblick quer durch die BWA

Es kommt also mehr denn je darauf an, die Finanzkraft der eigenen Praxis zu kennen, um einer wirtschaftlichen Schieflage frühzeitig entgegensteuern zu können. Eine regelmäßige Betrachtung der BWA (Betriebswirtschaftliche Auswertung) – am besten jeden Monat – bringt eine gewisse Routine und Vertrautheit in Bezug auf die Praxiskennzahlen einerseits und sorgt andererseits natürlich auch dafür, dass Sie negative sowie positive Entwicklungen dann mit einem geübten Auge rasch erkennen können.

Mit ein wenig Erfahrung wissen Sie sehr schnell, welches Ihre Schlüsselpositionen dafür sind – ganz ohne ein betriebswirtschaftliches Studium. Sie erhalten die BWA von Ihrem Steuerberater, der bei allen Fragen diesbezüglich auch erster Ansprechpartner ist. In einem Satz formuliert geht es in der BWA um die aktuellen Praxiseinnahmen und -kosten eines Monats und dem im Saldo sich
daraus ergebenden Praxisergebnis.

Optimal wäre eine ergänzende Darstellung des Vorjahres mit den Abweichungen zur jetzigen Auswertung. Schauen wir uns einmal einen Auszug aus einer möglichen „Physiotherapie-BWA“ genauer an und konzentrieren uns auf die beiden wichtigsten Kennzahlen (siehe Tabelle).

Download Tabelle

Praxiseinnahmen: Die GKV-Umsätze (Kassenabrechnung) sind um 20,9% im März 2021 im Vergleich zum Vorjahresmonat März gesunken und machen 59,77% der Einnahmen insgesamt aus.
Praxisausgaben: Der größte Kostenblock „Personal“ ist leicht um 1,3% gestiegen und hat einen Anteil von 29,01% an den Einnahmen (Personalkostenquote).
Sinkende GKV-Umsätze bei – wenn auch nur leicht – steigenden Personalkosten im Monat März 2021 führen aus unserer Erfahrung beim Praxisinhaber meist zu ein und derselben spontanen Reaktion: dem Abbau von Personalkosten.

Und da sind wir wieder bei der eingangs zitierten Sensitivitätsanalyse. „Die Sensitivität zeigt die Empfindlichkeit des Output-Wertes bei der Variation eines bestimmten Input-Wertes an.“ (Taschner, 2017, S. 122)
Aber genug der Theorie. Denn in der Praxis stellt sich die Frage, ob der Umsatz mit weniger therapeutischen Mitarbeitern gehalten werden kann oder sogar gesteigert werden soll. Beides wird wahrscheinlich schwerlich funktionieren.

Zudem steigt die Nachfrage nach Physiotherapie im Markt weiter an, die erst recht nicht mit weniger Personal befriedigt werden kann. Und die meisten Praxen machen folgende Erfahrung in der Akquise neuer Physiotherapeuten: In Zeiten von Fachkräftemangel dauerte es schon 2019 durchschnittlich fast 190 Tage, um eine therapeutische Stelle in einer Gesundheitseinrichtung neu zu besetzen – Tendenz weiterhin steigend. Den Personalbedarf hier kurzfristig gedeckt zu bekommen ist also sehr schwierig geworden.

Ausweg aus dem Dilemma

Ein Lösungsansatz kann auf der anderen Seite sein, die Umsätze außerhalb der GKV insgesamt zu steigern. Der Effekt ist bei gleichbleibenden Personalkosten, dass der Personalkostenanteil am steigenden Umsatz natürlich sinkt oder zumindest gleich bleibt. In der Beispiel-BWA sehen wir, dass die Praxis es geschafft hat, den Privatabrechnungs-/Selbstzahlerbereich von 1.778 Euro im März 2020 auf 5.543 Euro im März 2021 zu steigern. Somit spielt die gleichzeitig leichte Steigerung bei den Personalkosten keine Rolle, da das Praxisergebnis mit knapp 10.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr
fast gleich geblieben ist.

In diesem Fall hat sich die Praxis-Leitung zur wirtschaftlichen Ausrichtung Gedanken gemacht und rechtzeitig umgesetzt. Und das ist sinnvoll. An den Stellschrauben der Praxisangebote, der Patienten und der Mitarbeiter zu drehen kann der Schlüssel dazu sein. Wenn Sie zum Beispiel Ihr Praxisangebot erweitern, dann muss dies von den Patienten bzw. Kunden auch angenommen werden, d.h. die Angebote müssen entsprechend lukrativ sein. Genauso wichtig ist es, Ihre Mitarbeiter zu begeistern, die diese Angebote ja mittragen und im Patienten-/Kunden-Termin mit ausführen. Letztlich macht aber genau das den Arbeitsplatz attraktiver.

Und schließlich sind wir wieder bei der Sensitivitätsanalyse, die gerade auch bei Investitionen eine gute Unterstützung bieten kann. Diesen gesamten Prozess kann Ihr Steuerberater gut begleiten, sofern er in der betriebswirtschaftlichen Beratung gut aufgestellt ist.

Fazit

Zurück zur Eingangsfrage: Welchen Umsatzrückgang kann ich mir in meiner Praxis leisten? Sie sollten sich gar keinen Umsatzrückgang leisten müssen. Vielmehr sollte der Ansatz für die wirtschaftliche Praxisplanung sein, wie Sie den Umsatz stabilisieren oder steigern können. Im Physiotherapie-Markt eröffnen sich Praxisinhabern einige gute Möglichkeiten, die recht schnell umsetzbar sind. Der Schlüssel hierzu liegt darin, an den Stellschrauben Praxisangebote, Patienten und Mitarbeiter gleich zeitig und synchron zu drehen.

Thomas Mochnik


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