
Therapie
27.06.2024
Von der Therapie zum Training bei Knieproblemen

Die Top 5 Übungen für die Kniemuskulatur
Zum Abschluss der TT-DIGI-Serie zu Knieverletzungen erklärt Kay Bartrow fünf Übungen für die Kniemuskulatur. Das Training der Beinmuskulatur bringt nicht nur die vordergründigen und lokalen Effekte für die Gelenke und Muskeln der unteren Extremitäten mit sich, sondern hält durchaus weitere positive Synergieeffekte für die angrenzenden Körperregionen bereit.
Die Beinmuskeln stellen in ihrer Gesamtheit die größte Muskelgruppe des Körpers dar und bilden damit auch die Basis für die Beckenstellung, die Wirbelsäule und die Körperhaltung. Mit kräftigen Beinmuskeln lassen sich Stabilisations- und Kräftigungseffekte für die Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule und die ISG Region realisieren, die auch gesundheitswirksame Veränderungen in diesen Körperregionen auslösen können. Somit ist ein therapeutisch kontrolliertes Krafttraining der Beinmuskulatur auch bei Beschwerden im Rücken sinnvoll und vielversprechend.
Von der Therapie ins Training
In der physiotherapeutischen Be - treuung hätten wir gerne den Transfer vom therapiebedürftigen Patienten hin zum trainingswilligen Menschen. Ein sportlich orientiertes Training entwickelt sich daher nahtlos aus einer möglichst früh - funktionellen physiotherapeutischen Vo rarbeit heraus. In einem progressiv geplanten sportlichen Training können die Trainingsschwerpunkte individuell auf die Bereiche Ausdauer, Kraft und Koordination angepasst werden.
Der Aufbau einer grundlegenden Ausdauer ist auch für die Beinmuskulatur ein wichtiger Baustein für eine stabile Gesundheit und eine anhaltende Beschwerdefreiheit. Dies kann sehr einfach mit dem Einsatz von Cardio - geräten wie z.B. Rad ergometer, Cross - trainer oder dem Laufband umgesetzt werden. Etwas anspruchsvoller können diese Ideen auch an den klassischen Kraftgeräten, durch den entsprechenden Einsatz der Trai - nings parameter (Anzahl der Wiederholungen und Sätze, Trainingsgewicht, Pausendauer etc.) umgesetzt werden. So kann ein Kraftausdauertraining als Grundlagentraining auch für die Beinmuskulatur erarbeitet werden.
Trainingsziel und Intensität
Diese Gedanken rechtfertigen in der Planung des Krafttrainings den Einsatz von Ausdauerelementen mit 25- 50 Wiederholungen, bei 3 – 6 Sätzen mit einer geringen Pausenzeit. Ein Ausdauertraining kann hier schon mit geringen Intensitäten im Bereich von 30%– 50% der Maximalkraft realisiert werden und ist damit auch bereits in frühen Wundheilungsphasen (ab der Proliferationsphase) möglich und sinnvoll.
Sind hingegen Steigerungen der Kraft und der Koordination das primäre Ziel der Trainingsbemühungen, können diese Parameter ab der späten Proliferationsphase und der Remodellierungsphase im Trainingsaufbau berücksichtigt und eingesetzt werden. Dazu müssen auch Intensitäten von 65% bis 90% der Maximalkraft anvisiert werden. Die sehr hohen Intensitäten von 85%– 95% sind hervorragend dazu geeignet, die muskulären und faszialen Kraftwerte dann ab der Remodellierungsphase zu steigern (Training der intra- und intermuskulären Ko - ordination), je nach individueller Belastbarkeit und stets unter Berücksichtigung des bisherigen Wundheilungsverlaufes.
Messbare Anpassungsreaktionen
Dabei finden vor allem Anpassungsreaktionen im Bereich der Rekrutierung, Frequenzierung und der Synchronisation von motorischen Einheiten (Muskelfasern und neuraler Steuerung) statt. Hier geht es vor allem um Verbesserungen des Aktivitätsverhaltens zwischen Agonisten und Antagonisten. Zeitgleich kommt es auch zu einer gesteigerten Aktivierung von Synergisten. Diese Effekte sind bereits wenige Stunden nach einem Training erkennbar und messbar. Die nachfolgende Übungsauswahl stellt das Kniegelenk zentral in den Fokus des Trainings und fordert grundlegende Bewegungsfähigkeiten in der Sagittalebene, also für die Beugung (Flexion) und Streckung (Extension) des Kniegelenkes. Zudem können stabilisierende Effekte sowohl gegen seitliche Krafteinwirkung, in der Frontalebene und für rotatorische Bewegungen in der Transversalebene generiert werden.
Hierbei sind auch nicht ausschließlich hohe Kraftanforderungen gefragt, sondern es werden auch große Ansprüche an die Bewegungsqualität gestellt. Die Gelenke der Beine sollen eine gute Bewegungskontrolle entwickeln, die dazu beiträgt, die Belastungen besser zu verteilen und muskulär zu kompensieren. Ein regelmäßiges Training bringt dem Organismus zudem einen stabileren und effektiveren Stoffwechsel, also eine optimierte Versorgung der Gewebe mit Sauerstoff, Nähr- und Baustoffen. Diese nachhaltigen Vorteile steigern auch die Fähigkeiten des Immunsystems und beeinflussen damit auch die regenerativen Eigenschaften des Körpers.
Kay Bartrow
Top 5 Übungen für die Beinmuskeln
Leg Extension: Beinstrecker
Mit dem Beinstrecker ist vor allem der zweigelenkig verlaufende M. quadrizeps femoris gefordert. Dieser ist hauptsächlich für die Streckung des Kniegelenkes zuständig. Ein Teil des Muskels, der M. rectus femoris, beteiligt sich jedoch auch an der Beugung des Hüftgelenkes. Nachdem das Sitzpolster und die Rückenlehne angepasst wurden, ist darauf zu achten, dass das Kniegelenk mit dem Drehpunkt des Gerätes übereinstimmt.
Mit einer leichten Rotation im Hüftgelenk kann der Oberschenkel etwas in Außen-, oder Innenrotation vorgelagert werden. Bei verstärkter Außenrotationsposition liegt der Aktivitätsschwerpunkt auf dem inneren Teil des Quadrizepsmuskels: dem M. vastus medialis. Bei voreingestellter Innenrotation liegt hingegen der M. vastus lateralis in der besseren Kraftwirkungslinie und verrichtet beim Training mehr Arbeit. Eine Veränderung der Rotationsstellung bringt variable Muskelbelastungen für das individuelle Training.
Leg Curls: Beinbeuger
Auch die Muskeln der Oberschenkelrückseite sind zweigelenkig orientiert und haben wichtige Funktionen an Hüft- und Kniegelenk. Am Hüftgelenk sind die Muskeln (M. semitendinosus, M. semimembranosus, M. bizeps femoris) für die Streckung (Extension) zuständig, während sie im Kniegelenk für die Beugung (Flexion) verantwortlich sind.
Am Beinbeuger wird in Bauchlage trainiert, wobei die Hüftgelenke in einer etwa 20-30° Beugung vorgelagert werden. In dieser Vorlagerung können die beteiligten Muskeln meist die beste Kraftwirkung ausüben. Die Position auf dem Polster muss wieder so gewählt werden, dass sich die Kniegelenke auf Drehpunkthöhe befinden. Das Fußpolster sollte oberhalb der Ferse sein. Das Bewegungsausmaß kann hierbei komplett ausgeschöpft werden, also das Polster bis zum Gesäß herangebracht werden.
Squats: Kniebeugen
Mit Kniebeugen kann ein umfassendes Training der Beinmuskulatur, vom Fuß bis in den unteren Rücken, stattfinden. Die „Hoch-tief“-Bewegung fordert vor allem die Hüftstrecker (M. gluteus maximus und die Muskeln der Oberschenkelrückseite) und die Streckmuskulatur der Kniegelenke (M. quadrizeps femoris). Aber auch alle anderen Muskeln der Beine sind beteiligt, um den Bewegungsweg exzentrisch zu kontrollieren und die Körperlängsachse während der gesamten Übungsdurchführung zu sichern. Das Trainingsgewicht muss auf den Schultern balanciert werden können und die Kniebeuge sollte für ein Training mit dieser Übung schmerzfrei durchgeführt werden können. Variationen können in Schrittstellung oder einer breiteren oder engeren Fußposition individuell angepasst werden. Bei Steifigkeiten in den Fußgelenken kann die Ferse mit einem Keil oder einer Hantelscheibe unterlagert werden.
Beinpresse
Auch die Beinpresse fördert einen umfassenden Synergismus der Beinmuskulatur und ist bestens geeignet, auch schon in frühen Wundheilungsphasen eingesetzt zu werden. Vor allem auch, aufgrund der gut kontrollierbaren Ausgangsstellung. Bei dieser Übung werden wieder der M. gluteus maximus, M. quadrizeps femoris und die Ischiocrurale Muskelgruppe (M. semitendinosus, M. semimembranosus und M. bizeps femoris) trainiert. Aber auch die Wadenmuskulatur, Schienbein- und Fußmuskulatur partizipieren an dieser Trainingsbelastung.
Abduktion
Die Muskelgruppe der Abduktoren darf bei einem Beintraining nicht fehlen. Sie verbindet die Hüftregion mit dem Kniebereich auf der Außenbahn. Die Trainingsbelastung zielt hier vor allem auf die Glutealmuskulatur ab und verbindet sich über den Tractus iliotibialis (Sehnenplatte an der Oberschenkel Außenseite) mit der Knieregion und dem Unterschenkel. Wichtig sind vor allem die seitwärts gerichteten Bewegungen für die Gelenke der unteren Extremität und die dadurch geforderte Stabilität des Beckens und des Rumpfes.
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