
Gesundheit
23.06.2025
KI als Game-Changer für Fitness und Ernährung?

Dank KI 800 Jahre leben? Teil 5: Wird die KI zur digitalen Revolution der Fitness oder ist alles nur ein Hype?
In einer Zeit, in der technologische Innovationen unser Leben in beispiellosem Tempo verändern, steht die Fitnessbranche an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. Was vor wenigen Jahren noch Science-Fiction war, ist heute Realität: Künstliche Intelligenz (KI) übernimmt zunehmend komplexe Aufgaben – von der Erstellung personalisierter Trainingspläne bis hin zur Ernährungsberatung und Reha-Unterstützung. Doch was bedeutet diese Entwicklung für Fitness-Studiobetreiber und ihre Kunden? Welche Chancen bietet KI, und wo liegen die Grenzen?
Die Datenbasis als Fundament intelligenter Trainingspläne
Die Qualität eines KI-generierten Trainingsplans steht und fällt mit den Daten, auf denen er aufbaut. „Wir nutzen 7 Milliarden Trainingsdaten, 340 Millionen Bewertungsdaten und mehr als ein Jahrzehnt sportwissenschaftlicher Erfahrung“, erklärt EGYM auf seiner Website über das KI-System Genius. Diese enorme Datenmenge bildet die Grundlage für KI-Algorithmen, die personalisierte Trainingspläne erstellen. Gerätedaten von mehr als 200 Fitnessmarken und von tausenden Studios weltweit sind in EGYMs offener Plattform eingebunden. Das bedeutet, dass das KI-Know-how exponentiell wächst und stets smarter und genauer wird.
Studios geben einfach den gesamten Gerätebestand ins System ein. Und Genius nutzt diese Daten, um tägliche individuelle Trainingspläne zu erstellen, egal welche Ziele verfolgt werden. Dana Milkie, General Manager von EGYM North America, betont: „Wir nutzen KI und maschinelles Lernen, um die Motivation und Personalisierung der Mitglieder voranzutreiben. Wir bauen Intelligenz um das einzelne Mitglied herum auf und versuchen, ihm genau das Erlebnis zu bieten, das es sich wünscht, basierend auf seinen Zielen, seiner Geschichte und seinen Daten.“ Es geht also darum, das gesamte Fitnessstudio „intelligent“ zu machen. Indem die Präferenzen der Mitglieder und ihr Erfahrungsniveau verstanden und mit den entsprechenden Algorithmen kombiniert werden, kann ein exakt auf das Mitglied und die Einrichtung des Betreibers zu - geschnittenes Training generiert werden.
Die Branchenführer starten durch mit KI
Renommierte Unternehmen wie EGYM, milon und Technogym treiben die KI-Revolution in der Fitnessbranche konsequent voran. Milon setzt hier auf die milon Intelligenz, ein System, das durch progressive Belastungsanpassung arbeitet, inspiriert vom antiken Athleten Milon von Kroton. Über ihn wird berichtet, dass er durch schrittweise Belastungssteigerung zur olympischen Legende wurde. Das milon System passt das Trainingsgewicht dynamisch und automatisch an die Tagesform des Nutzers an. Die kontinuierliche Angleichung führt zu effizienteren Trainingsergebnissen und reduziert das Risiko von Über- oder Untertraining.
Technogym geht mit seinem Technogym Coach und Technogym Checkup noch einen Schritt weiter. Checkup analysiert nicht nur die körperliche Verfassung, sondern auch kognitive Fähigkeiten und erstellt daraus ein „WellnessAlter“. Der „Coach“ nutzt diese Daten, um tägliche Präzisionsprogramme zu erstellen und die Fortschritte in Echtzeit zu überwachen. Und: Diese Trainingspläne werden mit einer Fülle verschiedener Aspekte erstellt, etwa mit weiteren Funktionen zum Aktivitäts- und Herzfrequenz-Tracking, mit Körperanalyse, Gamification (also Challenges, die zusätzliche Motivation bedeuten) sowie Ernährungscoaching.
KI und Ernährung – ein unterschätztes Potenzial
Die Integration von KI beschränkt sich nicht nur auf Trainingspläne. Auch in der Ernährungsberatung zeigt KI vielversprechende Ergebnisse. „Eine personalisierte Ernährung, die auf künstlicher Intelligenz und der Analyse des Darmmikrobioms basiert, ist vielversprechend für die Optimierung der individuellen Darmgesundheit“, fand etwa Dr. Eran Segal in seiner Forschung heraus. Er ist Professor für Computerbiologie am Weizmann Institute of Science in Israel.
Das EU-finanzierte Projekt PROTEIN etwa entwickelte ein KI-gestütztes System, um persönliche Ernährungspläne zu erstellen. Interessant ist auch das Angebot von Nutrigenomix, das genetische Tests dazu verwendet, personalisierte Ernährungsempfehlungen zu erstellen.
Wer sich ebenso mit dem Thema KI und Ernährung beschäftigt, ist Dr. Matthias Riedl. Der Ernährungsmediziner ist ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg. Auch er hat herausgefunden, dass die Empfehlungen umso besser werden, wenn die Eingabe-Daten möglichst umfassend sind: „Man sollte die KI deshalb auch mit Ernährungsvorlieben füttern. Was einem gut oder schlecht schmeckt, ist also genauso wichtig.“ Er ist davon überzeugt, dass es schon bald eine App geben wird, auf der man sein Essen eine Woche lang fotografiert, um dann die Fehler in der Ernährung mit klaren Verbesserungsvorschlägen direkt kommuniziert zu bekommen. Apps wie Foodvisor gehen bereits heute in diese Richtung.
Für Fitness-Studiobetreiber bietet diese Entwicklung die Möglichkeit, ihren Mitgliedern einen ganzheitlicheren Service anzubieten. Die Kombination aus KI-gesteuerten Trainings- und Ernährungsplänen kann zu deutlich besseren Ergebnissen führen und die Mitgliederbindung stärken. Gerade hier gilt: „Es braucht das Zusammenspiel von künstlicher Intelligenz mit der menschlichen Intelligenz und mit Empathie,“ weiß Dr. Regina Vetters, Partnerin in der Strategieberatung EY mit Fokus auf die Gesundheits- und Ernährungsbranche.
In der Reha: KI als Unterstützungstool
KI spielt auch in der Reha eine zunehmend wichtige Rolle. Die Fachzeitschrift „Journal of Sports Science“ veröffentlichte eine Fallstudie zur Rehabilitation nach einer vorderen Kreuzbandrekonstruktion bei Rugbyspielern. Die Studie zeigt, dass eine evidenzbasierte Ergänzung mit Gelatine/Kollagen und Vitamin C, kombiniert mit gezielten Übungen für das Bindegewebe, zu einer schnelleren Rückkehr ins Spiel führen kann.
KI ist dabei behilflich, die optimale Nährstoffzufuhr mit dem richtigen Training zu kombinieren, um sowohl Muskeln als auch Bindegewebe zu stärken und neu aufzubauen. Nach einer Verletzung ist eine Ernährungsstrategie nicht unbedingt das Erste, woran man denkt. Doch mit einigen individuellen Maßnahmen kann man den Heilungsprozess durchaus unterstützen.
Die menschliche Komponente – unverzichtbar für den Erfolg
Trotz aller technologischen Fortschritte bleibt die menschliche Komponente unverzichtbar. In einer Studie mit mehr als 65.000 Nutzern fanden Stanford-Forscher heraus, dass Kunden, die sowohl KI- als auch zusätzlich menschliches Coaching erhielten, 74 % mehr Gewicht verloren als diejenigen, die nur auf KI-Coaching setzten. Die emotionale Unterstützung, die Motivation und die individuellen Anpassungen, die ein menschlicher Trainer bieten kann, sind alleine durch KI nicht zu ersetzen. Das Fazit daraus: Die Zukunft gehört einem hybriden Modell, das die Stärken von KI und von menschlichen Trainern kombiniert. KI kann Routine-Aufgaben automatisieren, Daten analysieren und personalisierte Pläne erstellen, während menschliche Trainer emotionale Unterstützung, Motivation und spezifische Anpassungen bieten können.
Für Fitness-Studiobetreiber bedeutet dies: Investitionen in KI-Technologien helfen dabei, die Effizienz zu steigern und den Service zu verbessern. KI erstellt quasi den Maßanzug für Fitness und Ernährung. Doch sollte dies nicht als Ersatz für qualifiziertes Personal gesehen werden. Vielmehr müssen nun Trainer darin geschult werden, KI-Tools effektiv zu nutzen, um ihre Fähigkeiten zu erweitern. Wer als Fitness-Studiobetreiber an der Spitze bleiben will, tut gut daran, die richtige Balance zwischen technologischer Innovation und menschlicher Betreuung zu finden. Denn eines ist klar: Die Zukunft des Trainings ist zwar digital – aber sie ist auch zutiefst menschlich.
Die verwendeten KI-generierten Bilder wurden von Christine Papadopoulos auf Midjourney und Visual Electric erstellt.
Die Autoren
Christoph Santner und Christine Papadopoulos sind KI-Experten, Autoren und Consultants mit ihrer Firma Summit Media GmbH in Gstaad, Schweiz. Einer ihrer Schwerpunkte ist das Thema KI, Well-being & Longevity. Kürzlich erschien Santners Buch Alles KI? Die neue Welt der Künstlichen Intelligenz verstehen und nutzen.
Kontakt: christoph@summitmedia.ch www.ainitiative.net, www.allesKI.com
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