Therapie

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12.12.2024

Hilfe zur Selbsthilfe

Hilfe zur Selbsthilfe

Hybridversorgung von Arthrose-Patienten

Patientenedukation ist ein Schlagwort unserer Zeit. In Zeiten gekürzter Leistungen seitens der Krankenkassen und Krankenversicherungen wird die Eigenverantwortung eines Patienten eine immer größere Rolle spielen. Ein Modell aus Dänemark macht es vor.

GLA:D ist ein evidenzbasiertes Versorgungskonzept für Patienten mit Cox- und Gonarthrose. Ziel ist es, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und gleichzeitig eine arthrotisch bedingte Operation weitestgehend zu vermeiden.

Was ist GLA:D?

Das Wort selbst ist ein Akronym, das sich aus den Anfangsbuchstaben des Mottos herleitet: Good Life with osteoArthritis. Das D nach dem Doppelpunkt steht für das Ursprungsland, in dem das Programm von GLA:D zum ersten Mal 2013 etabliert wurde: Dänemark. Hier in Deutschland läuft derzeit ein Pilotprojekt, für das sich eine Krankenkasse und verschiedene Betriebskrankenkassen – hauptsächlich in NRW – sowie die Brandenburgische Technische Universität Cottbus Senftenberg und die Deutsche Arzt Management GmbH zusammen - gefunden haben. Der Pressetermin zum Start des Pilotprojekts GLA:D in Deutschland war am 9. Dezember 2022.

Das neuartige physiotherapeutische Versorgungskonzept wird wissenschaftlich kontinuierlich evaluiert und ist international etabliert. Das Programm läuft bereits in Australien, China, Kanada, Österreich und der Schweiz. Aus Dänemark wird stolz berichtet, dass weltweit jährlich Hunderttausende Arthrose-Patienten schon erfolgreich behandelt wurden und weitere Zehntausende pro Jahr hinzukommen.

Was ist anders?

Maßnahmen zur Behandlung von Arthrose zielen stets darauf, die Schmerzen der Patienten zu reduzieren, was mit einer Verbesserung ihrer Lebensqualität einhergeht und dann auch zu weniger Arbeitsfehlzeiten führt.

Hinter GLA:D steht nun ein Behandlungskonzept, das auf Basis der medizinischen und physiotherapeutischen Behandlung den Arthrose-Patienten konsequent aktiv in das Programm zur Lebensstiländerung und damit zur verbesserten Lebensqualität einbindet. Die Eigenverantwortung der Betroffenen wird betont und die Hilfe zur Selbsthilfe in den Vordergrund gestellt. Ein wesentlicher Aspekt im therapeutischen Versorgungsprogramm ist die Patientenedukation, die den Patienten zu einem Selbst-Management seiner Gesundheit motivieren soll.

Essenziell, hierfür sind: Aufklärung, Änderung des Lebensstils und Aktivität.

Entscheidend ist hier die Eigenmotivation der Patienten, weshalb die Therapie in kleinen Gruppen – bestehend aus gemeinsamen Treffen, Instruktionen und Schulungen sowie Gruppentraining – so effizient ist. Das steigert die Motivation und lässt die Zufriedenheit der Patienten ansteigen. Denn das Gefühl, mit seinem Leiden nicht allein zu sein, mit anderen Betroffenen sich austauschen zu können, stärkt den Einzelnen.

Behandlungspfad

GLA:D kombiniert die medizinische Leistung und die therapeutische Betreuung mit der Hilfe zur Selbsthilfe. Der Behandlungspfad (siehe Abb. 1) sieht eine Diagnostik des Haus- oder Facharztes vor. Es folgen beim Physiotherapeuten dann 3 Einzelsitzungen mit Anamnese, Befundaufnahme, klinischen Tests und praktischer Einführung. Es schließen sich in der Physiotherapie-Praxis Edukationssitzungen und Trainingseinheiten in Kleingruppen an und endet mit einer Abschlussuntersuchung und einem Therapiebericht des Physiotherapeuten an den Zuweiser.

Der Arthrose-Betroffene soll nach Durchlaufen des Programms fähig sein, seine Knie- und Hüftprobleme zu überwachen und anhand der erlernten Übungen zu lindern.

Hybride Behandlungsform – was ist digital?

Die Behandlung beim Physiotherapeuten beginnt mit einem digitalen Patienten-Fragebogenassessment und endet damit. Die Digitalisierung der Versorgungskette liegt aber vor allem darin, dass der Arthrose-Patient eine digitale Therapiebegleitung erhält. Die App, die über Google Play und App Store zu beziehen ist, beinhaltet eine Wissensdatenbank mit Edukationsmaterial und einem digitalen Heimtrainingsprogramm über 12 Monate.

Derzeitige Situation in Deutschland

Aktuell beteiligen sich vor allem Kostenträger aus Nordrhein-Westfalen an dem Projekt, so die BKK Miele, BKK Pfalz, BKK Continentale, BKK wmf und Barmer sowie KKH und bundesweit die Betriebskrankenkassen BKK Linde, BKK Wirtschaft und Finanzen, BKK Verbundplus und Novitas BKK (Stand 12-2024). Physiotherapeutische Einrichtungen, die das GLA:D Versorgungsprogramm anbieten wollen, müssen sich in einer Fortbildung von GLA:D zertifizieren lassen. Die Schulung besteht aus einem theoretischen Teil zum Konzept, zum Krankheitsbild und zur Patientenedukation. Im praktischen Teil werden die Testungen und Prüfungen durchlaufen sowie die App zur Therapiebegleitung. Räumliche Voraussetzungen sind ein Kursraum in entsprechender Größe für ein Gruppentraining mit mindestens 5 Teilnehmern und Kleingeräten wie kleine Gewichte, Balancepad, Gleitpads, Stepper, Theraband, Stuhl und Spiegel.

Der behandelnde Arzt stellt für seinen Patienten einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse mit einem Einzelfallantrag, indem unter anderem einerseits die medizinische Notwendigkeit für die Programmteilnahme bestätigt wird, andererseits aber auch die Bereitschaft des Patienten zur Nutzung digitaler Medien zur Datenerhebung und Therapiebegleitung. Eine Kooperation von Arzt und Therapeut zum Wohle des Patienten ist hier in diesem Programm verankert – vielleicht ein Modell für weitere Versorgungskonzepte?

Reinhild Karasek

 

Bild: Freepik

 


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