Therapie

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14.09.2023

Hilfe! Eine Kennzahl!

Hilfe! Eine Kennzahl!

Über die Bedeutung des Umsatzes pro Therapiestunde

Die meisten Inhaber einer Therapiepraxis sind ausgezeichnete Therapeuten. Doch die wenigsten Praxisinhaber machen sich Gedanken über die Notwendigkeit ihre betriebswirtschaftlichen Zahlen zu kontrollieren – auch weil dieses Thema in der Ausbildung kaum eine Rolle spielt. Warum Kennzahlen in der Therapie eine Rolle spielen und wieso der Umsatz pro Therapiestunde für Sie wichtig sein kann, das erfahren Sie in diesem zweiteiligen Artikel.

Warum ist es für Sie als Inhaber überhaupt wichtig, dass Ihre Unternehmung finanziell mehr für Sie abwirft als nur ein gutes Gehalt? Mindestens diese drei Gründe sollten Sie für diesen Artikel sensibilisieren:

Grund 1: Unternehmensrücklagen

Als Inhaber tragen Sie das volle Risiko für die Unternehmung. Viele von Ihnen, die keine Kapitalgesellschaft besitzen, tragen das finanzielle Risiko sogar privat haftend! Also müssen ausreichend Unternehmensrücklagen aufgebaut werden, um Krisen abzudämpfen, Investitionen zu treffen und ruhig schlafen zu können.

Folgendes Szenario kennen Sie alle: Ein Mitarbeiter verlässt das Unternehmen, geht in Elternzeit oder ist längerfristig krank. Wir haben ein Termingeschäft und das bedeutet eins: Unsere Umsätze reduzieren sich, sobald wir weniger Therapie „leisten“ können, doch unsere Kostenstrukturbleibt relativ stabil und der Gewinn bricht ein, sie müssen von Ihren Rücklagen zehren.

Eine alte Faustformel sagt, dass 1,5 Monatsumsätze „auf der hohen Kante“ Ihres Unternehmens liegen sollten. Wenn Sie also monatlich einen durchschnittlichen Umsatz von 100.000 Euro erwirtschaften, sollten sie als gesundes Unternehmen mindestens 150.000 Euro an Rücklagen bereithalten.

Grund 2: Private Rücklagen

Viele von Ihnen sind selbstständig oder werden zumindest sozialversicherungsrechtlich als solche eingestuft. Dies bedeutet eins: Sie müssen sich selbst um Ihre private Krankenversorgung, private Altersversorgung, Ihr Arbeitsunfähigkeitsrisiko und vieles mehr kümmern. Insbesondere die Bildung von privaten Rücklagen für das Alter betrachten viele selbstständige Kollegen zu selten.

Doch wie viel Privatvermögen brauche ich als Selbstständiger, der sich selbst um seine private Altersvorsorge und Krankenversicherung kümmern
muss, am Ende meines Arbeitslebens? Hier mal ein Tipp, den mir mein „Mentor“ an die Hand gegeben hat, als ich noch ein junger Physiotherapeut
war:

  • ››› 30 Jahre alt: Jahreseinkommen als liquides Privatvermögen
  • ››› 40 Jahre alt: vierfaches Jahreseinkommen als liquides Privatvermögen
  • ››› 50 Jahre alt: siebenfaches Jahreseinkommen als liquides Privatvermögen
  • ››› 60 Jahre alt: neunfaches Jahreseinkommens als liquides Privatvermögen
  • ››› Eintritt ins Rentnerdasein: Zehnfaches Jahreseinkommen alsliquides Privatvermögen

Damals konnte ich damit noch nicht viel anfangen. Heute, mit fast 60 Jahren, ist mir alles viel greifbarer. Je mehr Sie verdienen, umso höher ist Ihr
Lebensstandard. Deshalb bemessen Sie Ihre liquiden Altersrücklagen am besten auch an Ihrem „Einkommen“.

Und heute weiß ich auch, dass man am Ende des Arbeitslebens auch noch genug „Leben“ vor sich haben möchte. Und damit man weitere 20 Jahre ohne geregelte Einnahmen auskommt, braucht man ausreichende Rücklagen! Falls Sie keinen solchen Mentor haben, möchte ich Ihnen diese Worte gerne als „Geschenk“ überreichen.

Grund 3: Fachkräftemangel

Ich weiß, dass viele von Ihnen dieses Wort nicht mehr hören können. Doch müssen wir kurz skizzieren, dass ein Fachkräftemangel in unserer Branche herrscht und dieser zum Teil auch „selbst gemacht“ ist. Natürlich sind die Vergütungssätze der Krankenkasse keine „große Hilfe“, den Job des Therapeuten finanziellen attraktiv zu gestalten.

Jedoch gibt es über die richtige Strategie trotzdem ausreichend Möglichkeiten, Ihr Unternehmen so aufzubauen, dass es möglich wird, Ihre Mitarbeiter überdurchschnittlich gut zu bezahlen. Natürlich spielen auch weiche Faktoren eine große Rolle bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung, jedoch hat das Gehalt insbesondere in den vorigen drei Jahren wieder den größten Stellenwert bekommen. Doch Gehalt lässt sich nur gut planen und anbieten, wenn
man alle Stellschrauben seines Unternehmens kennt und zu bedienen weiß. Somit kommen wir zum nächsten Abschnitt.

Warum brauchen Sie Kennzahlen?

Kennzahlen machen Ihre operative Leistung messbar und selbstverständlich auch vergleichbar. Damit meine ich nicht nur vergleichbar mit den Kennzahlen anderer Praxen, sondern auch vergleichbar mit den Werten Ihres Unternehmens aus der Vergangenheit und insbesondere vergleichbar
mit dem Wert, den Sie zu erzielen anstreben.

Was bedeutet „Umsatz pro Therapiestunde“ überhaupt?

Sie können diese Zahl erst einmal für jeden Ihrer Therapeuten berechnen, indem Sie Folgendes tun: Sie schauen sich bei jedem Mitarbeiter an, wie
viele Stunden in der Woche regulär für die Erbringung von Therapie - und die damit im direkte Zusammenhang stehenden Aufgaben wie Dokumentation
etc. - eingeplant sind.

Als Beispiel: Ihre Therapeutin Anja arbeitet 40 Stunden die Woche bei Ihnen und ist mit 35 Stunden die Woche für die Erbringung von Therapie
eingeplant, 3 Stunden für Präventionskurse und 2 Stunden hilft sie an der Rezeption aus. Somit beziehen wir die 35 Stunden Therapiezeit in unsere
Rechnung mit ein. Diese Zahl kommt in den Nenner unserer Rechnung.

Nun ermitteln Sie mithilfe Ihres Patientenverwaltungsprogramms den Wert der tatsächlich stattgefunden Termine, den Anja Woche für Woche erwirtschaftet hat. Diese Zahl kommt in den Zähler unserer Rechnung. Als Beispiel: In der KW 32 hat Anja Behandlungen im Wert von 2.865,20 Euro erbracht. Hier werden wirklich nur die erbrachten Behandlungen (egal ob für gesetzliche, private sowie Selbstzahler-Behandlungen) berücksichtigt.

Jetzt nehmen Sie diesen Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen dieser Woche und teilen diesen durch die für Therapie eingesetzten Stunden.
In diesem Fall erzielen wir hier einen Wert von 84,72 Euro/h, da wir 2.865,20 Euro durch 35 Stunden teilen. Anja hatte diese Woche also einen
kalkulatorischen Umsatz pro Therapiestunde in Höhe von 84,72 Euro.

Im zweiten Teil der Serie werde ich den Umsatz pro Stunde anhand dieses Beispiels vertiefen und ihnen weitere Möglichkeiten für ihre Praxis aufzeigen.
Thomas Kämmerling

Bild: ©Shutterstock.com_2223351521


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