Therapie

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09.05.2022

Erhöhen Sie die Preise – Sie sind es wert!

Erhöhen Sie die Preise – Sie sind es wert!

Preisgestaltung in der Therapie

Kein Thema blieb in den deutschen Therapie-Praxen so lange unberührt wie die Preise für Privatpatienten. Einmal vor Jahren festgelegt, traut man sich kaum noch, diese so wichtige Stellschraube nach oben zu drehen. Aber warum ist das so?

Lähmt uns die Angst vor „Reibung“ mit dem Patienten? Oder schämen wir uns, über Geld zu sprechen? Oder sind wir es nicht wert? Auf jeden Fall erschaffen wir ein schlafendes Monster, das wir nicht wecken möchten. Wie viele von uns meckern über die Preise der GKV, trauen sich aber nicht, angemessene Privatpreise zu verlangen.

Als Unternehmer sind Sie jedoch verpflichtet, Ihre Privatpreise zu überprüfen: Einmal, um die Preise gerecht zu gestalten, und ein anderes Mal, um sie gleichzeitig entscheidend für die Mitarbeitergewinnung und -bindung einzusetzen.

Warum sollte ich meine Privatpreise anheben?

Weil es etwas mit „Wertschöpfung“ und insbesondere mit „Wertschätzung“ zu tun hat. Schauen wir, wie es in anderen Lebensbereichen abläuft: Handwerk war lange Zeit unpopulär. Bei anstrengender körperlicher Arbeit fiel der Verdienst relativ gering aus. Doch was ist dann passiert? Die geringe Nachfrage für den Beruf führte zu weniger Nachwuchs im Handwerk.

Inzwischen haben Handwerksbetriebe die Auftragsbücher voll und können sich ihre Kunden aussuchen. Sie nutzen dies, um die Preise zu erhöhen, damit sie höhere Löhne zahlen können, um wieder attraktiv für Berufseinsteiger zu werden. Warum verweigern wir uns?

Rollen wir das Ganze einmal von hinten auf: Eins der größten Probleme in unserer Branche ist der Therapeutenmangel. Doch dieser kommt nicht von irgendwoher. Die hohen Kosten für die Aus- und Weiterbildung, die sehr eng geknüpften, von den Krankenkassen auferlegten Rahmenbedingungen und das an sich „sehr anstrengende Handwerk“ machen den Beruf in einem gewissen Grad unattraktiv.

Hinzu kommt die Abhängigkeit von den gesetzlichen Krankenkassen. Sie entscheiden über die Preise bzw. die Entlohnung unserer Arbeit. Wie hoch mein Stundenumsatz sein kann und somit die Bezahlung meiner Therapeuten, liegt größtenteils nicht in meiner Hand. Paradox wird es insbesondere dann, wenn ich etwa bei Manueller Lymphdrainage, wofür eine kostspielige und langwierige Fortbildung absolviert werden muss, im Minutenpreis schlechter entlohnt werde als bei einer Krankengymnastik!

Physiotherapeuten sind stark fremdbestimmt. Zumindest in dem Grad, in dem Patienten der gesetzlichen Krankenkassen behandelt werden – und dieser Anteil liegt im bundesweiten Durchschnitt bei ca. 80% der Gesamtpatienten. Sollten weder zusätzliche Behandlungszeiten für GKV-Patienten noch ein Trainingstherapiebereich realisierbar sein, ermöglichen es mir als Therapie-Praxis-Unternehmer ausschließlich die Privatpreise, die Stellschrauben für das Gehalt meiner Mitarbeiter anzupassen.

Woher kommt das Problem?

Wenn wir über gerechte Privatpreise sprechen, sollte Ihr Blick nicht zu anderen Physiotherapie-Praxen im Umkreis wandern. Denn weil sich auch diese Praxen nicht getraut haben, die Preise für PKV-Patienten an die stetigen Kostenentwicklungen und die aktuelle Marktlage anzupassen, ist er bei fast allen Einrichtungen so niedrig geblieben. Daraus resultiert die prekäre Schieflage der deutschen Privatpatientenpreise. Wir können festhalten, dass es ein hausgemachtes Branchenproblem ist. Fragen Sie sich doch einmal selbst: Wann habe ich das letzte Mal meine Privatpreise spürbar angehoben? Die einzigen Gewinner der derzeitigen PKV-Preispolitik sind die Krankenkassen und die Patienten. Die großen Verlierer sind Sie als Unternehmer und Ihre Mitarbeiter.

Was bedeutet gerecht?

Wenn von einer gerechten Ausgestaltung von Privatpreisen die Rede ist, dann meine ich den 1,8-fachen Satz, den Sie für die GKV-Leistungen erhalten. Warum den 1,8-fachen Satz? Er stellt aufgrund der prozentualen Verteilung von GKV- zu PKV-Patienten die einzige Chance dar, ohne weitere unternehmerische Maßnahmen – wie zusätzliche Behandlungszeiten für GKV-Patienten, Selbstzahlerleistungen auf der Trainingsfläche, Generierung von Ausfallhonoraren – Therapeuten angemessener zu entlohnen.

So wie Privatpatienten beim Hausarzt der 1,8-fachen GKV-Satz bekannt ist, so ermutige ich Sie, es Ihren medizinischen Kollegen gleichzutun.

Was bedeutet das in der Praxis?

Nehmen wir den GKV-Preis von 24,08 Euro für KG. Ihr PKV-Preis müsste folglich bei 43,34 Euro liegen. Jetzt werden einige den Mund nicht mehr zubekommen. Folgenden Einwänden begegne ich immer wieder in der Praxis:

1. „Aber das ist doch unfair! Die Preise sind somit viel höher als bei einem GKV-Patienten und das bei denselben Leistungen.“ – Da haben Sie vollkommen recht. Jedoch frage ich Sie: Empfinden Sie die GKV-Preise von 24,08 Euro für eine KG gerechtfertigt? Selbstverständlich nicht! Würden Sie die GKV-Preise selbst bestimmen können, so würde Ihnen jeder eindringlich raten, diese Leistungen höher zu bepreisen.

2. „Aber die Patienten bekommen ja keine 100-prozentige Erstattung des Preises!“ – Ja, das mag bei vielen zutreffen. Jedoch ist es wie bei jeder anderen Versicherung auch: Je mehr Risiko ich im Schadensfall abgebe, desto höher gestaltet sich mein monatlicher Versicherungsbeitrag. Wenn ich Geld sparen möchte, nehme ich einen höheren Eigenanteil bei Inanspruchnahme meiner Versicherungsleistungen in Kauf. Deshalb liegt es in der Eigenverantwortung eines jeden Privatpatienten, die monatlichen Kosten und den damit einhergehenden Eigenanteil zu bestimmen. Dies ist mit Nichten Ihr Problem! Sie müssen sich die Wertigkeit Ihrer eigenen Leistungen einmal vor Augen halten: Sie ist jeden Cent wert.

3. „Aber für die Beihilfe-Patienten muss ich doch andere Privatpreise nehmen, da hier der Beihilfe-Satz für die Kostenübernahme festgeschrieben ist.“ – Nein, das müssen Sie nicht. Zum einen verhält es sich bei Beihilfe-Patienten mit ihrer privaten Pflichtversicherung ähnlich wie bereits unter 2. beschrieben. Zum anderen ist die Beihilfe eine interne Verwaltungsanweisung, die das Verhältnis des Staates als Arbeitgeber zu seinen Beamten regelt. Für alle Menschen außerhalb der Verwaltung haben diese Regeln keine rechtliche Relevanz. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass Praxisinhaber keinen Vertrag mit der PKV oder der Beihilfe haben. Darüber hinaus reden wir über einen geringen Bruchteil, da nur 28% aller PKV-Versicherten Beihilfe beziehen – ganze 72% tun dies nicht! Abschließend lässt sich unterstreichen, dass beihilfefähige Höchstsätze so niedrig sind, dass der Minutenpreis für eine Privatleistung oft schlechter ist als der Minutenpreis für eine GKV-Leistung.

4. „Was ist, wenn mir Privatpatienten verloren gehen? Habe ich dann nicht einen finanziellen Schaden?“ – Vorneweg: In der nächsten Ausgabe möchte ich Sie mal mit Praxisinhabern bekannt machen, die diesen Schritt schon längst gegangen sind. Und Sie werden sehen: Die abgewanderten Privatpatienten können Sie an einer Hand abzählen. Denn wenn jemand geht, dann ist das nun mal so! Wenn das Einzige, was diese Patienten bei Ihnen hält, Ihre günstigen Preise sind, dann dürfen sie sich ruhig eine andere Praxis suchen. Und ob Sie dann einen finanziellen Schaden davontragen, hängt von zwei Punkten ab:

1. Wie hoch sind derzeit Ihre Privatpreise?

2. Wie viele Patienten gehen wirklich?

Denn wenn Ihre derzeitigen Privatpreise nicht hoch genug sind, dann macht es oft auch keinen großen Unterschied, ob Sie nun den einen oder anderen Privatpatienten weniger therapieren und dafür dann einen GKVPatienten behandeln. Sie sollten nicht an die Patienten denken, die Ihre Preise nicht mehr akzeptieren, sondern an diejenigen, die sie akzeptieren, und an jeden neuen Privatpatienten, der sich in Zukunft zu den neuen Preisen bei Ihnen behandeln lässt. Denn gerade durch diese Patienten erwirtschaften Sie die so notwendigen finanziellen Ressourcen, die Sie und Ihre Mitarbeiter mehr als nötig haben!

Zum Nachdenken animieren!

Selbstverständlich möchte ich Sie provozieren und zum Nachdenken anregen. Dass die Erhöhung der Privatpreise in der Praxis funktioniert und auf Verständnis trifft, erlebe ich jeden Tag. Um Ihnen ein „Wie“ sowie den Mut zu vermitteln, diesen Schritt zu wagen, lasse ich in der nächsten Ausgabe einige Unternehmer exemplarisch ihre Geschichte erzählen. Also freuen Sie sich darauf!

Thomas Kämmerling


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