Therapie

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30.03.2023

Enge Kooperation mit den Verschreibern

Enge Kooperation mit den Verschreibern

Beckenboden-Training, Teil 1

Die Physiotherapeutinnen Veronika Mühlbauer (links) und Liisi Sokman (rechts) mit der Ärztebroschüre im Beckenboden-Behandlungsraum von Mediana in Stephanskirchen

Beckenbodentraining – ein ureigenes Thema in der Physiotherapie, das allerdings immer noch ein Tabu berührt. Dabei ist es so wichtig. Insbesondere Fachärzte sprechen sich für eine professionelle Anleitung aus. Also die beste Basis für ein spezielles Angebot im Praxis-Portfolio!

Betroffen sind nach Inkontinenz Selbsthilfe e. V. inkl. Dunkelziffer insgesamt ca. 6 Mio. Deutsche – Kinder, Frauen wie Männer. Nach ihrer Schätzung – Verkaufszahlen von Inkontinenzprodukten hochgerechnet – kommt man sogar auf 8-10 Mio. Betroffene in Deutschland. Bei vielen überwiegt die Scham, zum Arzt zu gehen, sie nehmen ihr Leiden einfach an. Wenn sie dann endlich beim Arzt sind, sollte dieser möglichst gleich wissen, wie Therapie und Training in diesem Fall helfen. Wie können das Physiotherapeuten steuern?

Zielgruppe Fachärzte

Da die Ursachen einer Inkontinenz durchaus geschlechtsspezifisch sein können, sind es vor allem Gynäkologen und Urologen, die zu den Verschreibern zählen. Aber auch Proktologen und Hausärzte kommen in Betracht, wie Tobias Platz, Praxisinhaber in München, sagt. Er hat sich mit seiner Privatpraxis auf die Behandlung von Frauen und Männern mit Beckenbodenbeschwerden und Harninkontinenz spezialisiert und das entsprechend bei den Ärzten kommuniziert.

Er berichtet, dass die Ärzte „sehr positiv davon angetan“ waren, dass er den persönlichen Kontakt mit ihnen suchte und seine physiotherapeutische Spezialisierung vorstellte. Für seine Präsentationen lässt er Mappen mit Flyern und Visitenkarte anfertigen. Ein ausführliches Portfolio über sich als Therapeut und sein Behandlungskonzept runden die Information ab.

Das Angebot Beckenbodentraining kommt gut an, unterstreicht Geschäftsführer Hans-Peter Huber von Mediana, Zentrum für Physiotherapie & Training, im oberbayerischen Stephanskirchen: „Bei den meisten Praxen sind wir auf äußerst positive Resonanz gestoßen. Die Ärzteschaft erwies sich fast dankbar, dass sie mit uns nun eine kooperierende Therapieeinrichtung an der Seite haben, die ein professionelles Behandlungskonzept für Beckenbodenpatienten anbietet.“

Kommunikationswege

Physiotherapeut Kay Bartrow empfiehlt es ebenso, sich an die entsprechenden Ärzte zu wenden: „Wir nehmen generell gerne den direkten Kontaktweg und informieren die Ärzte in unserem Einzugsgebiet über unsere therapeutischen Schwerpunkte. Das hat sich in der Vergangenheit auf mehreren Ebenen bewährt. Zum einen erfahren die Ärzte so, welche Patienten bei uns gut aufgehoben sind, und zum anderen auch, was sie von unserer Therapie erwarten können.“

Neben der persönlichen Vorstellung in den Facharztpraxen gehören für ihn Infoabende in der Therapieeinrichtung dazu. Praxismitarbeiter halten kurze Vorträge zu Themen, zum Beispiel zu neuen Therapiemethoden, die dann auch in der Praxis angeboten werden, zu den aktuellen Fortbildungen, welche einzelne aus dem Team zur Spezialisierung abgeschlossen haben.

Diese erworbene Spezialisierung betont Mediana bei den Fachärzten. Hans-Peter Huber: „Wir sind proaktiv auf gynäkologische und urologische Praxen persönlich zugegangen und haben unser Beckenboden-Therapiekonzept vorgestellt.“ Zum Konzept gehört der eigene Behandlungsraum für Beckenbodentraining und zwei Physiotherapeutinnen, die sich als Beckenboden-Therapeutinnen spezialisiert haben.

Gleichzeitig sei die aktive Unterstützung der Fachärzte wichtig: „Wir haben eigens eine „Ärztebroschüre“ angefertigt, in der unser Behandlungskonzept ausführlich dargestellt wird. Da Fachärzte meist wenig Erfahrung im Bereich der Heilmittelverordnungen aufweisen, unterstützen wir die Praxen dahingehend. Die AGGGUP bzw. PhysioPelvica hat dafür eigens einen Flyer „Verordnungshilfe für Ärzte“ herausgegeben. Diesen legen wir unseren Info-Materialien für die Praxen bei. Darüber hinaus stellen wir den Praxen Patientenflyer zur Auslage zur Verfügung.“

Verordnungsverhalten beeinflussen

All diese Maßnahmen – Präsentationsmappen, Info-Abende, aufwendig gestaltete Informationsbroschüren, Patientenflyer – erfordern erst einmal Zeit, Personal und Geld. Lohnt sich das?

Ja, das Verordnungsverhalten habe sich verändert, bestätigt Sabine Schneider, Physiotherapeutin in der Praxis für Physiotherapie & Prävention von Markus Neumann in Schöneck-Büdesheim, im hessischen Main-Kinzig-Kreis. Wenn auch nur kurzfristig.

Kay Bartrow schließt sich dem an: „Direkt nach den Maßnahmen wurde deutlich mehr verordnet. Auf aktuelle Informationen reagieren Verordner sehr gut und informieren auch Patienten entsprechend über Behandlungsmöglichkeiten. Im Laufe der Zeit reduziert sich das dann wieder und es empfiehlt sich, einen neuen Trigger zu setzen.“ Er plädiert, dies in Form guter Therapieberichte für eine kontinuierliche Kontaktaufnahme zu realisieren. So könne man das Verordnungsverhalten der Ärzte konstanter gestalten.

Immer wieder den Kontakt suchen, immer wieder an das spezielle Leistungsangebot erinnern, das ist aufwendig. Aber gleichzeitig eröffnet sich noch ein ganz anderer Benefit. Hans-Peter Huber von Mediana: „Mit diesem Konzept haben wir uns quasi eine neue Zielgruppe – sowohl in Patientenhinsicht als auch was zuweisende Ärzte angeht – erschlossen. Wir bekommen von diesen Fachärzten regelmäßig neue Patienten empfohlen, die zum Teil auch relativ weite Anfahrten in Kauf nehmen.“

Und der Bedarf wird aufgrund der immer älter werdenden Generationen steigen …

Reinhild Karasek


Die AG GGUP, Gynäkologie Geburtshilfe Urologie Proktologie, eine spezielle Arbeitsgruppe im Verband Physio Deutschland, stellt Informationen für Ärzte zur Verfügung. Zum Beispiel zur Frage, was auf der ärztlichen Verordnung stehen muss: www.ag-ggup.de


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