
Therapie
12.05.2025
Das Supinationstrauma

Die Füße in Training & Therapie, Teil 2
In seiner Serie zu den häufigsten Verletzungen und der dafür geeigneten Maßnahmen bei Therapie und Training blickt Kay Bartrow in diesem Artikel auf das Supinationstrauma, also Verletzungen des Außenbandes am Fuß durch Überdehnung.
Wie für jedes Gelenk existieren auch für die Fußgelenke sogenannte Normwerte der Mobilität. Also ein normales Maß für die Bewegungsreichweite der einzelnen Bewegungsrichtungen. Der Fuß kann nach oben angehoben werden (Dorsalextension: 20– 30°), nach unten bewegt werden (Plantarflexion: 30– 50°) und der Fuß kann aktiv nach innen oder außen gekippt werden.
Kippbewegung mit Verletzungsfolge
Eine ungünstig koordinierte oder unzureichend stabilisierte Kippbewegung ist ein häufiger Faktor für einen Verletzungsmechanismus. Beim Anheben des Fußinnenrandes spricht man von der sogenannten Inversion, beim Anheben des Außenrandes von der sogenannten Eversion. Inversion und Eversion sind Kombinationsbewegungen, die sich aus den Bewegungen des Vorfußes und des Rückfußes (Calcaneus/ Fersenbein) zusammensetzen.
Bei einer Inversion kommen die Supination des Vorfußes und eine Adduktion des Rückfußes (Calcaneus) mechanisch zusammen. Für eine Eversion ist entsprechend eine Pronation des Vorfußes mit einer Abduktion des Rückfußes erforderlich. Am Bewegungsende ist der Fußkomplex bei diesen Bewegungsrichtungen nach innen oder außen muskulär und ligamentär gesichert, d.h. die Spannung des Kapsel-Band-Apparates nimmt am Bewegungsende signifikant zu.
Das Supinationstrauma
Bei einem Supinationstrauma sind vor allem die lateralen Kapsel-Band-Strukturen hohen mechanischen Kräften ausgesetzt. Das Außenband zieht mit drei Anteilen (vorderes, mittleres und hinteres Außenband) vom Außenknöchel (Wadenbein = Fibula) zum Talus (Vorderes Außenband: Lig. fibulotalare), zum Calcaneus (Mittleres Außenband: Lig. fibulocalcaneare) und zum Schienbein (Hinteres Außenband: Lig. fibulotibiale).
Zwischen dem Schien- und Wadenbein liegt die Syndesmose. Diese fungiert als Halteband zwischen den Unterschenkelknochen und kann bei diesen Verletzungen ebenfalls geschädigt werden. Im Bereich der Syndesmose gibt es ein vorderes und hinteres Syndesmosenband, das bei entsprechendem Verletzungsmechanismus mit gefährdet sein kann.
Verletzungsmechanismus
Einmal nicht aufmerksam beim Auftreten, schon ist es passiert – der Fuß ist umgeknickt. Knickt der Fuß dabei über den Außenrand, handelt es sich um ein sogenanntes Supinationstrauma. Bei diesem Mechanismus werden vor allem die außen liegenden Bandstrukturen (Außenbänder) stark verlängert und in der Folge überdehnt und können aufgrund dieser Krafteinwirkung auch reißen. Ein Supinationstrauma entsteht häufig, wenn der Fuß bei einer Bewegung nach innen (Inversion) am physiologischen Bewegungsende nicht ausreichend gebremst wird und immer noch hohe Kräfte auf die Weiterbewegung ein wirken.
Wenn der Fuß über den Außenrand umknickt, sind vor allem die Bandstrukturen gefährdet. Hierbei kann es je nach Krafteinwirkung zu Faserrissen, Teil- oder Komplettrissen kommen. Es kann aber auch zu knöchernen Verletzungen (insbesondere Ausrissen der Bänder am Knochen) oder zu einer Schädigung der Gelenkflächen kommen.
Vorfälle im Alltag & Sport
Dies kann bei alltäglichen Bewegungen, wie z.B. Treppenstiegen, beim Ausrutschen auf Glatteis oder beim Stolpern über eine Türschwelle passieren. Aber auch bei sportlichen Aktivitäten, hohen Trainingsbelastungen oder neuen Übungen, bei denen die motorische Kontrolle noch nicht perfektioniert wurde, sind entsprechende Verletzungsanfälligkeiten zu verzeichnen.
Auch bei Sportarten mit Gegnerkontakt (z.B. Fußball oder Handball), oder bei Sportarten mit abrupten Start-Stop-Bewegungen und schnellen Richtungswechseln (wie z.B. bei Rückschlagsport: Tennis, Squash, Badminton), sind diese Verletzungen nicht selten. Die am häufigsten von Verletzungen betroffenen Strukturen im Fußbereich sind Bänder, Faszien, Knochen und die Gelenkflächen.
Häufige Symptome: Zerrung oder Ruptur?
Diese Unterscheidung kann direkt nach der Verletzung schwierig sein, da häufig starke Schmerzen, Schwellung und ein Hämatom eine genaue manuelle Diagnostik verhindern. Die Stärke der Schmerzen hat auch keinen direkten Zusammenhang mit der Schwere der Verletzung. Manchmal kann ein gezerrtes Band schmerzhafter sein, als eine Ruptur.
Als Symptome finden sich oft:
- ❯❯❯ Plötzlich einschießender Schmerz
- ❯❯❯ Hämatom (Bluterguss): dieser bildet sich vor allem, wenn Hautvenen zerreißen
- ❯❯❯ Schwellung
- ❯❯❯ Vollbelastung des Fußes aufgrund der Schmerzen nicht mehr möglich
- ❯❯❯ Instabilitätsgefühl
- ❯❯❯ Bewegungseinschränkung (auch aufgrund der Schwellung)
- ❯❯❯ Druckschmerz bei der Palpation
Diagnostik
Nach einer klinischen Untersuchung kann eine klare Diagnose gestellt werden und die verletzten, evtl. auch gerissenen Strukturen, können adäquat behandelt werden. Zuerst sollte der Verletzungsmechanismus, die Schmerzlokalisation und weitere Symptome in einer ausführlichen Anamnese erfragt und geklärt werden.
Weiter ist eine Untersuchung der Bewegungsfähigkeit (Motorik) und der Sensibilität (Sensorik), sowie eine palpatorische Untersuchung (Abtasten) erforderlich. Um den Verdacht auf einen Bänderriss zu erhärten oder verwerfen zu können, sind spezielle Tests (Stabilitätstests) zielführend. Bei einer vermehrten vorderen oder hinteren Aufklappbarkeit kann von einem Bänderriss ausgegangen werden.
Eine exakte Aussage kann nach einer bildgebenden Untersuchung (CT, MRT) gemacht werden. Ein Röntgenbild gibt lediglich Aufschluss über die Situation der knöchernen Strukturen. Nach einem Umknicken des Fußes mit intensiven Verletzungsfolgen (starke Schmerzen und Schwellung, ausgedehntes Hämatom und erheblichem Funktionsverlust), ist eine ärztliche Untersuchung anzuraten.
Sind die Verletzungen eher im Mikrotrauma Bereich und die funktionellen Defizite nicht sehr ausgeprägt, kann der Fußkomplex schnell mit aktiven Übungen und Training wieder stabilisiert und in die normale Belastbarkeit gebracht werden. Im Fokus der Übungen stehen dann besonders Stabilisations- und auch Kräftigungsübungen.
Erst Ruhe, dann Therapie
Nach der Untersuchung wird ein Supinationstrauma häufig mit einer Sprunggelenksschiene (AircastSchiene), der Empfehlung auf Ruhe für die ersten Tage und moderatem Bewegen versorgt. Die Schiene wird 2 – 4 Wochen getragen und je nach Ausdehnung der Verletzung und der Intensität der Symptome kann frühfunktionell bereits in der ersten Woche mit Physiotherapie (Mobilisation in der Toe Zone, angepasste aktive Übungstherapie, entstauenden Maßnahmen) begonnen werden.
Kay Bartrow
Der Autor
Autor Kay Bartrow arbeitet als Physiotherapeut. Gleichzeitig verbindet ihn mit der Fitnessbranche der Spaß an Sport, Training und Bewegung, weshalb er examinierte Physiotherapeuten unter anderem in Trainingstherapie fort bildet. E-Mail: physiotherapie4u@gmx.de
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