Recht & Steuer

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12.12.2022

Hat die 10er-Karte ausgedient?

Hat die 10er-Karte ausgedient?

Umsatzbesteuerung von Gutscheinen und Guthabenkarten

Die Besucher von Fitness-Studios lassen sich generell nicht über einen Kamm scheren, denn die Vorlieben des Einzelnen sind doch sehr unterschiedlich. Flexibilität steht derzeit für viele hoch im Kurs.

Das hat nicht zuletzt auch etwas mit Psychologie zu tun. Denn der eine ist langfristig interessiert, legt Wert auf einen unkomplizierten Zugang und will möglichst wenig bezahlen. Für ihn ist meist ein Jahresabo von Vorteil, bei dem sich die Mitgliedschaft ohne Kündigung bis auf unbestimmte Zeit verlängert. Ein anderer will sich nicht an einen langfristigen Vertrag binden, an dem er schon nach ein paar Monaten das Interesse verloren hat.

Preismodelle für jeden

Fitness-Studios benötigen meist ein ausgeklügeltes Preismodell, um dem potenziellen Interessenten ein maßgeschneidertes Angebot unterbreiten zu können. Es werden viele Instrumente ausprobiert. Denn aus Studiosicht ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass genug Liquidität vorhanden ist, um die stetig steigenden Kosten, gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Strom- und Heizpreise, im Griff zu behalten. Die Palette reicht dabei von der ganz flexiblen Baroder EC-Kartenzahlung am jeweiligen Trainingstag bis hin zur Ausgabe von Gutscheinen, Guthabenkarten und beispielsweise 10er-Karten.

Je mehr ein Gast bereit ist auszugeben, umso größer fallen meist die finanziellen Vergünstigungen oder Nachlässe auf die regulären Kosten des Trainings aus. Das freut nicht nur den Trainierenden, sondern stärkt auch dessen Bindung an das Studio.

Dass die jeweiligen Varianten unterschiedliche Vor- und Nachteile haben, wird regelmäßig erst in der Krise deutlich. Und davon hatten wir in der Vergangenheit ja einige. Aber auch umsatzsteuerlich muss jedes Instrument für sich betrachtet werden. Denn die verschiedenen Vertragsbedingungen können Auswirkungen darauf haben, ob und wann Umsatzsteuer entsteht.

Bar- oder EC-Kartenzahlung

Bei dieser Zahlungsart am konkreten Trainingstag ist alles noch ganz einfach. Denn die Leistung wird am Tag der Zahlung erbracht, sodass zu diesem Tag der Umsatz versteuert werden muss. Sofern ein Ticket – auch ggf. über eine 10er-Karte – für einen späteren Tag erworben wird, wird die Leistung aber erst an einem anderen Tag erbracht.

Das hindert den Staat jedoch nicht daran, schon zum Zeitpunkt der Zahlung die Umsatzsteuer vom Unternehmer zu fordern. Denn auch wenn es sich hierbei nur um eine Anzahlung handelt, die in der Bilanz als Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden ausgewiesen wird, muss die Umsatzsteuer bereits angemeldet und an den Fiskus abgeführt werden. Das gilt sowohl bei der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten (SollVersteuerung) als auch bei der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung).

Sofern die Preise für solche Vorauszahlungen günstiger sind als bei Zahlung am Leistungstag, entsteht Umsatzsteuer aber nur auf den tatsächlich vereinnahmten Betrag. Wenn der Gast allerdings am Leistungstag noch eine Zuzahlung leisten muss, beispielsweise für ein Upgrade, entsteht darauf zusätzliche Umsatzsteuer.

Einzweck-Gutscheine

Bei Gutscheinen gilt das im Grunde ebenso. Allerdings muss zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen unterschieden werden. Bei Einzweck-Gutscheinen steht der Steuersatz der Leistung bei der Ausstellung des Gutscheins fest. Daher wird bereits zu diesem Zeitpunkt umsatzsteuerlich eine Leistung fingiert, die als Umsatz zu versteuern ist. Das bedeutet, dass bei der späteren Leistungserbringung keine Umsatzsteuer mehr entsteht, sofern der Gast am Leistungstag keine Upgrades zubucht. Im Grunde ist die Besteuerung von 10er-Karten und Einzweck-Gutscheinen aus Sicht eines Studiobetreibers damit im Ergebnis schon sehr ähnlich, aber eben auch nicht gleich.

Mehrzweck-Gutschein

Gänzlich anders kann es umsatzsteuerlich aussehen, wenn Gäste lediglich Wertgutscheine bzw. Guthabenkarten erwerben, bei denen sie später frei wählen können, was sie im FitnessStudio damit bezahlen wollen. Denn wenn der Umsatzsteuersatz bei der Ausstellung des Gutscheins oder bei der Aufladung der Karte nicht eindeutig feststeht, handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein, bei dem erst der spätere Leistungsbezug besteuert wird.

Bestes Beispiel sind hier aufladbare Guthabenkarten, welche die Kunden von zu Hause aus via Online-Banking oder im Studio durch Barzahlung oder EC-Karte aufladen können. Doch Vorsicht bei einem Kreditkartensystem, bei dem der Gast erst im Nachhinein zahlen muss, denn hier entsteht die Umsatzsteuer bei der Sollversteuerung bereits zum Zeitpunkt der Leistungserbringung.

Fazit

Eine wesentliche Voraussetzung, um die Vorteile der späteren Versteuerung von Guthabenkarten und Mehrzweckgutscheinen nutzen zu können, ist also ein Leistungsangebot, bei dem Kunden sowohl zwischen Leistungen zum Regelumsatzsteuersatz von 19 Prozent als auch zum ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent Umsatzsteuer wählen können.

Das sollte bei Fitness-Studios problemlos sein, wenn sie Sportlernahrung und Fachbücher beispielsweise zu Fitness, Ernährung oder Wohlsein anbieten, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Aufgrund dieses Umsatzsteuervorteils könnte es sinnvoll sein, die alte 10er-Karte über Bord zu werfen und auf moderne Guthabenkarten umzurüsten.

Janine Peine

Bild: © shutterstock_2144695837


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